Geocaching und Interessen der Jagd

Am 17.08.2011 ereignete es sich, dass in Münster ein Trupp von Geocachern des Nächtens durch die Wälder von Münster zog. Dem zuständigen Jagdaufseher überkam es, als er im Dunklen die Rehe über die Straße flüchten sah, vor allem bei dem Hintergrund, dass er zwei Tage zuvor bereits ein Überfahrenes von der Straße bergen durfte.

Nachdem der Jäger diese „angesprochen“ hatte, versuchte er in Unkenntnis über dieses Trendhobby die Polizei für sein Anliegen „Ruhe in den nächtlichen Wald für das Wild zu bekommen“ zu bekommen.

Hier wurde dem Jäger nur ein Hinweis auf die rechtliche Situation genannt, welches auf Unverständnis seinerseits stieß.

Es ist zu vermuten, dass die neue Trendsportart/-hobby in Zukunft für häufigere Konflikte zwischen diesen Naturnutzern führen wird.

 

Was ist Geocaching ?

Hierbei handelt es sich um eine moderne Form einer Schatzsuche bzw. Schnitzeljagd.
Ausgestattet mit einem Global Positioning System (GPS)-Empfänger und den Koordinaten eines "Schatzes" aus dem Internet kann man die Schätze finden, die jemand anderes an ungewöhnlichen Plätzen versteckt hat.

Wer diese sog. "Caches" findet, trägt sich in ein „Logbuch“ ein und legt den Schatz wieder ab, damit auch andere diesen finden und sich verewigen können. Nach Aussage von www.geocaching.de erfolgt kein direkter Aufruf zum Suchen, jeder sucht sich seine Ziele für sich selbst aus und geht dann los. Als Datenbank stehen eine Vielzahl von Portalen zur Verfügung.

Rechtslage

Zunächst ist festzustellen, dass die Betretungsrechte auch von öffentlichen Flächen gesetzlich geregelt sind.

Beim Betreten von Waldflächen sagt das BundesWaldgesetz (BWaldG) aus, dass die einzelnen Länder die Einzelheiten regeln sollen. Dieses macht Nordrhein-Westfalen (NW od. NRW) im LandesForstgesetz (LFoG). Da heißt es im § 2 I LFoG, dass das Betreten auf eigene Gefahr zum Zwecke der Erholung gestattet ist, wobei Beispiele wie Totholz etc. als Gefahren genannt werden. Im Abs. III wird das Betretungsrecht ähnlich der Straßenverkehrsordnung insoweit eingeschränkt, als dass man sich so zu verhalten hat , dass die Lebensgemeinschaft Wald und die Bewirtschaftung des Waldes nicht gestört, der Wald nicht gefährdet, beschädigt oder verunreinigt sowie andere schutzwürdige Interessen der Waldbesitzer und die Erholung anderer nicht unzumutbar beeinträchtigt werden.

Im Abs. IV wird genannt, dass organisierte Veranstaltungen im Wald der Forstbehörde vor Beginn der beabsichtigten Maßnahme rechtzeitig anzuzeigen sind, sofern sie nicht mit geringer Teilnehmerzahl zum Zwecke der Umweltbildung durchgeführt werden. Die Forstbehörde kann die Veranstaltung von bestimmten Auflagen abhängig machen oder verbieten, wenn zu erwarten ist, dass durch die Veranstaltung eine Gefahr für den Wald, seine Funktionen oder die dem Wald und seinen Funktionen dienenden Einrichtungen besteht.

Verboten ist weiterhin nach § 3 LFoG das

a) Betreten von Forstkulturen, Forstdickungen, Saatkämpen und Pflanzgärten,

b) Betreten ordnungsgemäß als gesperrt gekennzeichneter Waldflächen,

c) Betreten von Waldflächen, während auf ihnen Holz eingeschlagen oder aufbereitet wird,

d) Betreten von forstwirtschaftlichen, jagdlichen, imkerlichen und teichwirtschaftlichen Einrichtungen im Walde und

e) Fahren im Wald mit Ausnahme des Radfahrens und des Fahrens mit Krankenfahrstühlen auf Straßen und festen Wegen sowie das Zelten und das Abstellen von Wohnwagen und Kraftfahrzeugen im Wald,

In der freien Flur regelt das BundesNaturschutzGesetz (BNatSchG) und das Landschaftsgesetz NW (LG NW) das Verhalten, welches man an den Tag legen darf.

Dazu heißt es im § 14 BNatSchG hinsichtlich irgendwelcher Eingriffe in die Natur oder Landschaft, dass Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen oder Veränderungen des mit der belebten Bodenschicht in Verbindung stehenden Grundwasserspiegels, die die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigen können, untersagt werden.

Weiterhin ist es verboten

1. wild lebende Tiere mutwillig zu beunruhigen oder ohne vernünftigen Grund zu fangen, zu verletzen oder zu töten,
2. wild lebende Pflanzen ohne vernünftigen Grund von ihrem Standort zu entnehmen oder zu nutzen oder ihre Bestände niederzuschlagen oder auf sonstige Weise zu verwüsten,

3. Lebensstätten wild lebender Tiere und Pflanzen ohne vernünftigen Grund zu beeinträchtigen oder zu zerstören.

Das Betreten selbst ist auf Straßen und Wegen sowie auf ungenutzten Grundflächen zum Zweck der Erholung gem. § 59 BNatSchG allen gestattet. Es kann aber insbesondere durch andere Benutzungsarten ganz oder teilweise eingeschränkt werden, vor allem für Gründe des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Feldschutzes und der land- und forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung, zum Schutz der Erholungssuchenden, zur Vermeidung erheblicher Schäden oder zur Wahrung anderer schutzwürdiger Interessen des Grundstücksbesitzers. Gem. § 49 LG ist sogar das Betreten der privaten Wege und Pfade in der freien Landschaft, der Wirtschaftswege sowie der Feldraine, Böschungen, Öd- und Brachflächen und anderer landwirtschaftlich nicht genutzter Flächen zum Zwecke der Erholung auf eigene Gefahr gestattet.
Diese Erholung darf aber gem § 53 LG nicht zu Lasten der anderen Erholung Suchenden und die Rechte der Eigentümer oder Besitzer unzumutbar beeinträchtigen. Weist dabei ein Grundstückseigentümer oder sonstiger Berechtigter nach, dass ihm durch den Erholungsverkehr ein nicht nur unerheblicher Schaden entstanden ist, so ist ihm dieser auf Antrag durch die untere Landschaftsbehörde zu ersetzen. Steht dem Grundstückseigentümer oder sonstigen Berechtigten ein Anspruch auf Schadensersatz gegen einen Dritten zu, so geht der Anspruch auf den Kreis oder die kreisfreie Stadt über, soweit der Kreis oder die kreisfreie Stadt den Schaden beseitigt.

Bei Schutzgebieten (Natur-, Landschaftsschutzgebiet, …) müsste man in die jeweilige Schutzgebietsverordnung schauen, ob dabei bestimmte Aktivitäten extra untersagt werden, was man allerdings nicht verallgemeinern kann.

Nach § 19a BundesJagdGesetz (BJG) ist es verboten, Wild, insbesondere soweit es in seinem Bestand gefährdet oder bedroht ist, unbefugt an seinen Zuflucht-, Nist-, Brut- oder Wohnstätten durch Aufsuchen, Fotografieren, Filmen oder ähnliche Handlungen zu stören.
Gemäß § 55 LandesJagdGesetz (
LJG
) handelt derjenige ordnungswidrig, welcher absichtlich das berechtigte Aufsuchen, Nachstellen, Erlegen oder Fangen von Wild behindert.

Beurteilung

Im BWaldG / LFoG NW ist das Betreten der Wälder erstmal zugelassen. Dabei gibt es keine jahres- oder tageszeitliche Beschränkung. Das Recht des Betretens ist dann eingeschränkt, sobald die Lebensgemeinschaft und die Bewirtschaftung des Waldes gestört wird.
Dieses aus dem einen oder anderen flüchtenden Stück Rehwild zu begründen halte ich für fraglich. Ebenso werden diese Caches im Internet veröffentlicht, weshalb eine vorher organisierte Veranstaltung und deren notwendige Genehmigung durch die Forstbehörde schwerlich vorzuwerfen sein sollte, da jeder freiwillig an der Suche teilnehmen kann und sich nicht im Vorhinein anmelden muss.

Ein Betreten der verbotenen Bereich nach § 3 LFoG (Forstdickungen, etc. …) ist nur vorzuwerfen, wenn dieses nachweisbar ist.

Beim BNatSchG / LG NW muss ein Eingriff in der Natur an der belebten Bodenschicht in Verbindung mit dem Grundwasserspiegel stattfinden, was eigentlich nicht passieren dürfte.
Ebenso ist diesen eine mutwillige Beunruhigung der wildlebenden Tiere nicht nachzuweisen, da diesen der Vorsatz nicht zu unterstellen ist.

Genauso ist keine der im BNatSchG als schützenswert genannten Interessen (Landschaftspflege, Feldschutz, andere Erholungssuchende …) anderer Naturnutzer betroffen. Ebenso ist den Geocachern nicht anzulasten einen unerheblichen Schaden zu verursachen, welcher einem Grundstückseigentümer oder sonstigem Berechtigten entstanden sein sollte, denn Wild ist gem. § 960 BGB herrenlos und gehört nicht dem Jagdpächter.

Ähnlich verhält es sich mit dem BJG, wonach es verboten ist Wild, welches in seinem Bestand bedroht oder gefährdet ist, an seinen Zufluchtsstätten, … aufzusuchen und zu stören.

Rehwild oder auch Wildschweine sind nicht gefährdet oder bedroht in ihrem Bestand.
Und ein absichtliches Stören von jagdlichen Handlungen ist den Geocachern ebenso wenig nachzusagen.

Somit ist rein rechtlich diesen kein Vorwurf bei ihren Handlungen zu machen.

Übereinkunft der Naturnutzer

Am 16. Juli 2011 wurde in Dortmund ein Symposium „Geocaching und Natur“ veranstaltet, an dem verschiedene Gruppen von Naturnutzern (Geocacher, Jäger, Waldbesitzer, Naturschutzreferenten der Kreise,…) mit insgesamt 120 Teilnehmern vertreten waren.

Man diskutierte und tauschte Argumente aus und zeigte sich speziell auch von Seiten der Geocacher, welche nicht in Verbänden organisiert sind, kritikfreundlich und -willig. Als Resümee der Veranstaltung wird vom Landesbetrieb Wald und Holz NRW festgehalten, dass von Seiten der "Geocacher-Szene" ein sogenannter Ehrenkodex verbindlich vorgegeben werden muss, damit der neue Volks"sport" nicht in Verruf gerät. Ordnungsrechtliche Maßnahmen wurden mehrheitlich als unpraktikabel angesehen aber nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Sofern nachweislich gegen geltendes Recht bzw. rechtskräftige Schutzgebietsverordnungen im Wald verstoßen wurde und die Personalien der Übeltäter auf frischer Tat registriert wurden, wird das Regionalforstamt den Fall ordnungsrechtlich verfolgen.
Nach ersten Angaben des Regionalforstamtes Münster ist man der Auffassung, dass Geocaching unter den Begriff "Erholung" fällt.
Nach fernmündlichen Angaben des LJV NW, Andreas Schneider, vom 19.08.2011 kann man

konstruktive Kritik in den Internetportalen der Geocacher (www.geocaching.de, www.der-geocacher.de, www.geocaching-portal.com) eintragen, welche versuchen sich an die eingetragenen Empfehlungen zu halten.

Rechtliche Ahndungen

Zuständig für die Verfolgung und Ahndung von Verstößen (Owi und Straftaten) sind nach dem

BWaldG / LFoG NW Forstbehörden,

BNatSchG / LG NW Landschaftsbehörden,

BJG / LJG NW Jagdbehörden,

insofern ist die Polizei jeweils nur in zweiter Linie von einer Zuständigkeit betroffen.

gefertigt, 20.08.2011

Aktualisiert (Freitag, 06. Juli 2012 um 11:44 Uhr)